Peter Handkes serbische Bedenklichkeit
Von Peter Stephan Jungk
Seit
dem Auseinanderbrechen Jugoslawiens ist der Name Peter Handke
untrennbar mit dem Vielvölkerstaat verknüpft. Eine Nation, die der
österreichische Dichter deutsch-slowenischer Abstammung als sein
Arkadien empfand, das die Sezessionskriege ihm raubten. Zwölf Jahre
lang, zwischen 1996 und 2008, haben Handkes Schriften zum Thema, seine
Lesereisen nach Erscheinen des Essays "Eine winterliche Reise zu den
Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien"
für konstante Empörung, Konsternation und die nahezu einhellige
Verdammung seiner Position in den Feuilletons gesorgt.
Der Autor Lothar
Struck macht nun in seiner minutiösen Untersuchung "Der mit seinem
Jugoslawien" drei große "Erregungswellen" aus, während derer die
Öffentlichkeit Handkes Stellungnahmen zur Kenntnis nahm: nach Erscheinen
des Essays "Eine winterliche Reise", drei Jahre später, nach der
Bombardierung Serbiens durch die Nato, als "Unter Tränen fragend"
erschien, schließlich Handkes Teilnahme an der Beerdigung Slobodan
Milošević’ im Jahr 2006.
Struck
vergleicht Handkes Passion für seinen Sehnsuchtsort mit Albert Camus’
ambivalentem Verhältnis zu Algerien. Er zählt jedes noch so scheinbar
geringfügige Element auf, das Handkes Engagement aus seiner Sicht
"verstehbar und erklärbar" macht, legt Schicht um Schicht frei: die
autobiografische Prägung, eine unnachgiebige Sprachkritik, des Dichters
politische Prägung. Struck sieht Handke keineswegs als "unpolitischen"
Autor, als den man ihn bis in die 1990er Jahre empfunden habe: dies sei
eine "Mär", die "aus seinem Werk heraus widerlegt" werden könne.
Nahezu
sechshundert Fußnoten begleiten Strucks Arbeit, sie ähnelt mitunter
eher einer Habilitationsschrift, denn einem publikumsgerechten Sachbuch.
Das mindert jedoch nicht die bemerkenswerte Leistung des Autors, eines
Handke-Kenners, wie es wohl nur wenige gibt. Er zeichnet gleichsam Satz
für Satz, Wort für Wort Handkes Standpunkte nach, um sie anschließend
behutsam zu analysieren und zu zeigen, dass Handke nicht pauschal als
"proserbisch" bezeichnet werden kann. Struck insistiert: "Es geht Handke
... um Bedenklichkeit, Zu-bedenken-Geben. Dies ist für Handke die
'Gerechtigkeit', die er einfordert. Damit ist nicht eine 'Reinwaschung'
der serbischen Politik gemeint." Struck bleibt auch nicht gänzlich
unkritisch gegenüber seinem Lieblingsschriftsteller, bezeichnet ihn
einmal als "naiv wie ein Kind", attestiert ihm ein andermal, sich
"verirrt" zu haben.
Mit
Nachdruck widerlegt Struck die Behauptung, Handke habe das Massaker von
Srebrenica geleugnet, er beweist dies sowohl anhand von Handkes Essays,
als auch mit einem Interviewzitat: Srebrenica sei, so Handke 2006
gegenüber der "Süddeutschen Zeitung", "das schlimmste Verbrechen gegen
die Menschlichkeit, das in Europa nach dem Krieg begangen wurde".
Liest
man Lothar Struck, verfestigt sich das Gefühl, Handkes Haltung in der
Jugoslawienfrage werde mit der Zeit – vielleicht erst nach Jahrzehnten,
das mag sein – in einem milderen, einem verständnisvolleren Licht
gesehen werden.
Lothar Struck: Der mit seinem Jugoslawien. Ille & Riemer, Leipzig. 319 S., 24,80 €.
Trotzdem Strucks Buch mich in der USA noch nicht erreicht hat, schließe ich mich Stephan
Jungks Beschreibung von Handkes Yugoslavian Verhaeltnis an. Was den
Empfang der Handke Texte so schwierig macht/e ist/ war, dass Handke so
lakonisch berichtetstattet, nicht in der angewöhnten
soziologisch-polit-oekonimschen Worten der "Geopolitical Monstren"
Meinungsfabrikanten. Es gibt dann Germanisten wie Jürgen Brokoff von Uni
Bonn, die Handkes Art den Lesern zum zweifeln an der einseitigen
Berichterstatten/ Denken über den Zerfall und seine Gründe, für
gefährlich erklären, in der FAZ. Auch Handke Wissenschaftler auf meine
Art, hat Handkes tun und schreiben mich zu eigenem denken und
rescherieren angespornt, eine sehr gedrängte Summa davon ist hier zu
finden
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